Brauche ich eine Vollformat-Kamera oder langt doch noch der Crop-Sensor meiner Kamera? Diese Frage stellen sich viele Hobby-Fotografen, die bereits eine Crop-Kamera mit APS-C oder Micro Four Thirds Bildsensor ihr Eigen nennen und mit dem Gedanken spielen auf Vollformat umzusteigen.

Vollformat VS Crop Sensor

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Vollformat oder APS-C?

Ich selbst bin vor einigen Jahren auch umgestiegen und kann es mir nicht mehr vorstellen, wieder mit einem kleineren Bildsensor zu fotografieren. Und ich habe es wirklich versucht. Als bspw. die Sony A6000 herauskam, mit ihren kompakten Maßen und dem sehr schnellen Autofokus habe ich sie ausgiebig getestet und im Einsatz gehabt. Jedoch habe ich beim Betrachten der Fotos immer im Hinterkopf gehabt, wie es wohl mit einer Vollformat-Kamera ausgesehen hätte. So war klar, ein Crop-Sensor hat leider keine Zukunft mehr bei mir.

Aber das heißt nicht, dass eine Crop-Kamera für dich viel besser geeignet sein kann als eine Vollformatkamera. Denn Crop-Sensoren haben gegenüber ihren größeren Brüdern auch Vorteile, die ich dir in diesem Artikel ebenfalls näher bringen möchte.

Lies dir auch meinen Artikel über Festbrennweiten vs. Zoom-Objektive durch!

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Basiswissen: Der Bildsensor

Bevor ich zu den Gründen für Vollformat-Kameras bzw. Crop-Kameras komme, erstmal ein bisschen Hintergrundwissen. Vielleicht erinnert sich noch jemand an die „Filme“, die man in die „alten“ Kameras einlegen und später entwickeln musste, bevor alles digital wurde. Dieser Negativfilm von damals ist quasi der digitale Bildsensor heute. Zu analogen Zeiten fotografierte man mit Film, dem sogenannten Kleinbildformatfilm, 35mm. Als die ersten digitalen Kameras auf den Markt kamen nahm man stattdessen den digitalen Bildsensor der, im Gegensatz zum Film, immer wieder neu beschrieben werden kann (da das Bild auf der Speicherkarte gespeichert wird). So kann der Bildsensor wieder neu für das nächste Bild belichtet werden.

Dieser Bildsensor war damals sehr teuer. Daher produzierte man erst ganz kleine Bildsensoren, die nur wenige Megapixel aufnehmen konnten. Entsprechend klein waren die Fotos die dabei herauskamen. Schnell wurden die Bildsensoren immer größer (Stichwort Megapixel-Wahn), bis sich heute der Micro Four Thirds, APS-C bzw. DX-Sensor und der Vollformatsensor etabliert haben.

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Der Vollformatsensor hat die Größe des damaligen analogen Kleinbildformatfilms 35mm. Der APS-C Sensor ist kleiner als der Vollformatsensor. Im folgenden Bild seht ihr einen Größenvergleich der Kamerasensoren.

Schraubt ihr das Objektiv von eurer Kamera ab, so könnt ihr den Bildsensor in seiner vollen Schönheit betrachten. Hier seht ihr den Vollformatsensor einer Canon 5D Mark III und im Vergleich dazu den kleinen APS-C Sensor einer Canon 600D (der Sensor ist das kleine grüne Etwas). Ein ganz schöner Größenunterschied.

Den Bildsensor für längere Zeit so offenzulegen wie auf den Bildern solltet ihr tunlichst vermeiden. Staub und Schmutz können sich so ungehindert auf den Sensor legen und dann ist eine Reinigung durch den Kamera-Service fällig. Eigenhändig den Sensor zu reinigen ist eine gefährliche Sache, läuft was schief, ist fotografieren ohne Flecken auf den Bildern nicht mehr möglich.

Lies dir auch meinen Artikel über die Blende durch!

4 Gründe für einen Vollformatsensor

Was hat nun diese Mehr an Größe für Vorteile? Im folgenden findest du nun meine 4 Gründe, weshalb du unbedingt zu einem Vollformatsensor wechseln solltest.

1. Auf einen Vollformatsensor passt mehr drauf

Da ein Vollformatsensor flächenmäßig größer ist, passen auf diese Fläche theoretisch mehr Megapixel drauf. Statt nur mit 24 Megapixeln zu fotografieren, kannst du dir eine Vollformatkamera kaufen, mit der du mit bspw. 42 Megapixeln und mehr fotografieren kannst.

Vollformatsensor mit 42 Megapixeln

Sehr hohe Auflösung mit einem 42 Megapixel Vollformatsensor der Sony A7r III

Braucht man das?

Im Normalfall eher nicht, außer du möchtest Prints in fünffacher Lebensgröße erstellen. Denn jeder kleine APS-C-Sensor hat mittlerweile soviele Megapixel, dass dies für alle Otto-Normal Anwendungsfälle ausreichen sollte.

Aber das Mehr an Platz hat noch einen viel entscheidenderen Vorteil: Die einzelnen Pixel können bei gleicher Megapixel-Anzahl größer sein, als bei einem Crop-Sensor. Womit wir schon bei Grund #2 sind.

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„Welche Kamera soll ich mir kaufen?“. Dies ist eine der häufigsten Fragen, die wir gestellt bekommen. Deshalb findest du hier einen ausführlichen Ratgeber zur Wahl der „richtigen Kamera“ und zwar für deinen Einsatzzweck!

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2. Ein Vollformatsensor bietet ein besseres Rauschverhalten

Ein Vollformatsensor ist im Rauschverhalten aufgrund der größeren Pixel wesentlich besser als ein APS-C-Sensor. Denn je kleiner die Pixel, desto weniger Fläche ist vorhanden um die Lichtstrahlen einzufangen.

Das kann man sich ganz gut so vorstellen: Es regnet, und man möchte das Wasser mit Eimern sammeln. Je größer der Eimer, desto mehr Regentropfen fängt dieser auf.

Übertragen auf die Pixel, fängt ein größeres Pixel mehr Lichtstrahlen ein als ein kleineres Pixel. Und je kleiner die Fläche, desto höher ist die Gefahr, dass Lichtstrahlen auch benachbarte Pixel treffen, weshalb es zu Abbildungsfehlern kommen kann, ergo bei Erhöhung des ISO-Wertes mehr Rauschen. „Rauschen“, das sind diese lila-blauen kleinen Flecken die auf Fotos mit hohem ISO (also Lichtempfindlichkeit der Pixel) zu sehen sind. Je größer der Sensor, desto weniger entsteht dieses Rauschen bei gleicher ISO Zahl. So kann man mit einem APS-C-Sensor bis ca. ISO 1.600 noch fotografieren ohne dass das Bild verrauscht aussieht, während es bei einem Vollformat-Sensor bis zu ISO 12.800 (und mehr) hochgeht ohne arg zu verrauschen.

Für Situationen in denen nicht viel Licht zum Fotografieren vorhanden ist, ist daher ein Vollformat-Sensor dem Crop-Sensor meilenweit überlegen, etwa wenn man in einer dunklen Kirche ohne Blitz fotografieren möchte, etc.

Hochzeit Theater

Sehr gutes Rauschverhalten trotz hohen ISO-Werts bei Vollformatsensoren

3. Ein Vollformatsensor bietet eine bessere Bildqualität

Die APS-C Sensoren holen zwar auf, aber ein Vollformatsensor bietet immer noch einen besseren Dynamikumfang und eine höhere Farbtiefe. Unter Dynamikumfang versteht man, wieviele Helligkeitsabstufungen ein Bildsensor von ganz weiß bis ganz schwarz abbilden kann.

Der Dynamikumfang wird in Blendenstufen (EV) gemessen. Bei maximal 23 möglichen Blendenstufen schafft das menschliche Auge 20 Blendenstufen. Ein guter Vollformatsensor schafft 14/15 Blendenstufen, ein APS-C Sensor liegt etwas darunter.

Unsere Empfehlung für dich: Günstige Vollformatkamera Sony Alpha 7 II

Unter Farbtiefe versteht man, wie viele Farbabstufungen ein Bildsensor abbilden kann. Auch hier haben Vollformatkameras die Nase vorne was die bessere Bildqualität von Vollformatkameras unterstreicht.

Sonnenuntergang Bali Gunug Agung

Sehr hohe Farbtiefe bei Vollformatsensoren (Sony A7r III)

4. Vollformatsensor = mehr Unschärfe im Hintergrund

Mit einer Vollformatkamera kann man mehr Unschärfe im Hintergrund erzeugen als mit einer APS-C Kamera. Die Erklärung hierfür ist ein wenig kompliziert:

Wenn ihr eine Kamera mit Vollformatsensor und eine mit APS-C Sensor habt und den gleichen Abstand zum Objekt einhalten wollt und genau denselben Bildausschnitt auf dem Foto haben wollt, dann müsst ihr unterschiedliche Brennweiten auf beiden Kameras nutzen. Aufgrund der Sensorgröße ist nämlich der Bildausschnitt bei Vollformat und APS-C mit gleicher Brennweite (z.B. beide 50mm) unterschiedlich. Wenn ihr also den gleichen Bildausschnitt haben möchtet und die Position zum Objekt gleich bleibt, und ihr ein 50mm Objektiv bei einer Vollformatkamera nehmt, dann müsstet ihr auf der APS-C Kamera rechnerisch ein 31mm Objektiv nehmen. Und wenn ihr dann die Unschärfe vergleicht werdet ihr feststellen, dass diese bei Vollformat größer ist, geschuldet dem Umstand, dass ihr bei der APS-C Kamera eine kleinere Brennweite nehmen musstet um den gleichen Bildausschnitt bei identischer Distanz zum Objekt zu erhalten.

Ist doch klar oder? ;) Oder anders ausgedrückt: Vollformatsensor = mehr Unschärfe im Hintergrund als mit APS-C Sensor.

Maisfeld unscharfer Hintergrund

Mehr Unschärfe im Hintergrund mit Vollformatsensor (Canon 5D Mark III)

4 Gründe für einen Crop-Sensor

Nach all diesen schlagkräftigen Argumenten für einen Vollformatsensor könnte man meinen, wieso man überhaupt noch über Crop-Sensoren nachdenken sollte. Trotzdem

1. Crop-Kameras sind günstiger als Vollformatkameras

Ein Faktor weshalb Crop-Kameras günstiger sind ist der kleinere Bildsensor. Die Herstellungskosten können somit geringer gehalten werden, was zu einem geringeren Endpreis führt.

Unsere Empfehlung für dich: Günstige Crop-Kamera Canon EOS 4000D

Das folgende Bild wurde mit einer im Jahr 2008 erschienenen Canon Powershot G10 gemacht. Der Bildsensor ist echt winzig (1/1,7 Zoll) und der Preis war verglichen mit einer Vollformatkamera sehr niedrig.

Tanah Lot

Tempel Tanah Lot auf Bali bei Nacht: Aufgenommen mit einer Canon Powershot G10 mit Crop-Sensor

2. Crop-Kameras sind kleiner und leichter

Kleinere Sensoren haben geringere Auflagenmaße. Das bedeutet, dass das Objektiv näher an den Sensor rücken, weshalb die Abstände und somit die Gesamtmaße der Kamera niedriger gehalten werden können. Und kleinere Kameras bedeuten weniger Gewicht.

3. Crop-Kameras „vergrößern die Brennweite“

Das stimmt so natürlich nicht ganz, denn ein angeschraubtes 200mm Objektiv bleibt natürlich ein 200m Objektiv. Was hiermit gemeint ist, ist eine Art „Tele-Effekt“, bedingt durch den Crop-Faktor.

Dadurch, dass der Bildsensor kleiner ist als ein Vollformatsensor, ist bei identischem Objektiv der Bildausschnitt ein kleinerer. Das Bild wirkt „herangezoomt“. Geht man nun von der gleichen Megapixel-Zahl bei Crop- und Vollformatsensor aus, so hat man beim Crop-Sensor ein Bild mit höherer Megapixel-Zahl, als bei Vollformat mit dem gleichen Bild-Ausschnitt. Die Brennweite hat sich somit beim Crop-Sensor „verlängert“.

Dies ist besonders unter Sport- und Tierfotografen beliebt, da sie ihre Motive nah heranholen möchten.

Vogel bunt Indonesien

Brennweitenverlängerung mit Crop-Sensor: Ideal für Tierfotografie in freier Wildbahn (Canon 600D)

4. Objektive für Crop-Kameras sind günstiger

Häufig sind speziell für Crop-Kameras entwickelt Objektive günstiger als ihre Vollformat-Brüder. Meist sind sie kompakter und auch noch leichter. Weniger Material bedeutet, weniger Herstellungskosten.

Fazit: Welchen Bildsensor bzw. welche Kamera soll ich nun kaufen?

Es kommt drauf an…

…nämlich auf viele sehr individuelle Faktoren. Du fotografierst bspw. hauptsächlich Tiere in freier Wildbahn, die weit weg sind? Du möchtest nicht so viel ausgeben? Du möchtest nicht so viel mit dir herumtragen, weil du es lieber leicht und kompakt hast? Dann ist die Antwort ganz klar, kauf dir eine Crop-Kamera!

Du liebst Unschärfe im Hintergrund? Du fotografierst häufig in dunklen Situationen und mit hohen ISO-Werten? Du möchtest die bestmögliche Bildqualität? Dann ist auch hier die Antwort ganz klar, kauf dir eine Vollformat-Kamera!